Minimalismus: Gedanken und Tipps

Ich fang jetzt mal ganz provokativ an und behaupte, dass man bei den meisten Menschen den Keller entrümpeln könnte und sie nichts vermissen würden. Wie ich darauf komme? Ganz einfach: Wir besitzen alle viel zu viel Zeug, das wir eigentlich nicht brauchen.

Den meisten von uns ist gar nicht unbedingt bewusst, dass wir „genug“ haben und dass wir gar nicht so viele Sachen brauchen, um ein glückliches und erfülltes Leben zu führen.
Das ist bei unserer Konsumgesellschaft eigentlich auch kein Wunder. Es wird einem ja ständig erzählt man bräuchte mehr von diesem, mehr von jenem, damit das Leben gut ist. Halte ich für kompletten Blödsinn und viele andere Menschen, die sich Minimalisten nennen, glücklicherweise auch.

Aber was ist Minimalismus überhaupt?

Das lässt sich nicht so einfach definieren, da es für jede Person etwas anderes bedeuten kann. Für mich ist es eine Art Lebenseinstellung mit dem Bewusstsein, dass wir Menschen häufig im Überfluss leben und nur noch nehmen, nehmen, nehmen, ohne darüber nachzudenken ob wir diese Dinge überhaupt brauchen, ob sie uns über einen langen Zeitraum glücklich machen werden, was der ständige Konsum über uns aussagt und was er mit uns und unserer Erde macht. Eine Sache lässt sich jedoch generalisieren: Man besitzt nur Dinge, die man nutzt oder die einen glücklich machen. Alles andere ist überflüssig.

Man besitzt nur Dinge, die man nutzt oder die einen glücklich machen. Alles andere ist überflüssig.

Meine Anfänge

Ich hatte bei meinem letzten Umzug im Januar mindestens 10 Kartons. In vielen waren natürlich Sachen wie Bücher, Geschirr, Klamotten, Besitztümer, die durchaus ganz nützlich sein können 😉
Aber in vielen meiner Kartons war zum Beispiel Deko die immer irgendwie nur rumstand, Bastelkram der seit 3 Jahren nicht mehr das Tageslicht gesehen hat und alte Briefe und Postkarten die ich nur der Erinnerung wegen behalten, aber nie wieder gelesen habe.
Solche Sachen braucht man eigentlich gar nicht. Ich glaube, dass dieser ganze Krimskrams, den viele Menschen in der Wohnung haben, nur zu unnötigem Stress führt, weil überall irgendwas rumsteht, das Pflege bedarf, das entstaubt werden muss oder schlicht und einfach Platz wegnimmt.
Eine offene, helle und „freie“ Wohnung kann im Gegensatz zu einer vollgestellten Wohnung unglaublich befreiend und entspannend wirken und einen großen Teil zum Wohlbefinden beitragen.
Es ist natürlich praktisch, wenn man für kaputte Sachen ein Ersatzteil zuhause hat, aber mal ehrlich, wer braucht denn schon einen Vorrat an 100 Werbekugelschreibern und Feuerzeugen? Reicht es nicht, sich einfach dann einen neuen Stift zu besorgen, wenn der alte den Geist aufgibt?

Ich habe selber letztens aussortiert, wollte etwas Minimalismus in mein Leben bringen. Ich bin ja, wie gesagt, im Januar umgezogen und wie das so ist, hat es ein bisschen gedauert, bis ich richtig eingerichtet war. Dass es dieses Mal so extrem lange gedauert hat, lag vor allem daran, dass irgendwo immer eine Kiste mit Kram rumstand, den ich nirgendwo so richtig einsortieren konnte. Also habe ich mir diese Kisten dann einfach mal genauer angeschaut, den Inhalt inspiziert und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich die Hälfte davon eigentlich überhaupt nicht brauche und verschenken oder wegschmeißen kann.
Meine größte Baustelle war wohl der Kleiderschrank, da bin ich immerhin auf einen sehr vollen großen Umzugskarton mit alten Klamotten gekommen, aber dazu will ich nochmal einen separaten Post machen.
Was sonst so weggekommen ist, waren vor allem alte Schreib- und Bastelutensilien, viel Papierkram und eine Menge Deko. Vieles davon konnte ich erfolgreich weitergeben, aber einiges war mittlerweile auch einfach unbrauchbar geworden.

Als ich angefangen habe, auszusortieren, fiel mir die Sache nicht so leicht, wie sich das hier vielleicht anhört. Immer wieder kamen Gedanken wie „das kannst du doch noch gebrauchen!“ oder „das lässt sich sicher noch verwenden!“. Aber ganz ehrlich, wann habe ich denn zum letzten Mal mit buntem Karton gebastelt? Und brauche ich wirklich 3 Teekannen?

Was mir natürlich noch viel schwerer fiel, waren alte Briefe und Fotos, Erinnerungsstücke halt. Aber auch da konnte ich nach einer kleinen Aussortierpause mit gutem Gewissen sagen, dass ich sie eigentlich nicht brauche. Die Briefe werde ich sicher nie wieder lesen und auch die Fotos vergammeln eigentlich nur in der Kiste. Natürlich gibt es Dinge die ich behalten wollte, wie zum Beispiel ein Foto von mir und meiner Oma, das mich an eine wirklich schöne Zeit im Leben und natürlich vor allem an meine Oma erinnert. Aber die meisten Fotos habe ich sowieso irgendwo auf dem Laptop gespeichert und wenn ich eh nicht vorhabe, sie einzurahmen und aufzuhängen, müssen sie ja auch nicht rumliegen und einstauben, oder? (Besagtes Foto hängt jetzt im Flur.)

Was für eine Bedeutung haben „Dinge“?

Wenn man mal darüber nachdenkt, ist ein Gegenstand nicht weiteres als eine Sache, die meistens irgendwo rumsteht. Ein Stuhl ist ein Nutzgegenstand, genau wie eine Gabel. Solche Dinge können durchaus hilfreich sein! Ein Gemälde ist wiederum eine andere Sache. Es hat (außer dass es dem Raum einen bestimmten Stil verleiht) keinen Nutzen. Wir brauchen es nicht zum Essen, zum Schlafen, zum sozialisieren.
Haben diese Dinge außer ihrem puren „Sein“ und ihrem eventuellen Nutzen noch irgendeine Bedeutung?  Eigentlich nicht.

Die weitere Bedeutung dieser Sachen entsteht einzig und allein im Kopf.

Wir haben sie von Oma Erna geerbt. Vor 5 Jahren von einem Freund zum Geburtstag bekommen. Ich glaube ja, dass wir Dingen zu viel Bedeutung zuschreiben. Ein Gegenstand ist nur ein Gegenstand. Braucht man wirklich die drei Ostsee-Magneten am Kühlschrank oder die alte Halskette die man eh nicht mehr trägt, um sich an den letzten Urlaub oder eine Freundschaft zu erinnern?

Klar, manchen Menschen ist so etwas wichtig und sie haben gerne zehn Souvenirs aus jedem Urlaub zuhause rumliegen. Ich will das auch niemandem schlecht reden. Das ist ja das schöne am Minimalismus, jeder kann selber bestimmen, was für ihn wichtig ist. Da schreibt einem niemand etwas vor. Ich versuche einfach nach dem Motto „Wenn ich etwas nicht benutze oder es mich nicht glücklich macht, muss ich es auch nicht behalten.“ zu leben. Das ergibt für mich unglaublich viel Sinn. Es geht darum, sich bewusst zu machen, was einem wirklich wichtig ist, was man braucht und was zu einem glücklichen Leben beiträgt. Spoiler: Die meisten Dinge tun das nicht.

Es geht darum, sich bewusst zu machen, was einem wirklich wichtig ist, was man braucht und was zu einem glücklichen Leben beiträgt.
Spoiler: Die meisten Dinge tun das nicht.

Aber ob das nun 200 verschiedene Gegenstände oder nur ein kleiner Rucksack mit 10 Dingen ist, ist relativ egal. Wichtig ist das Bewusstsein und das Nachdenken. Was man daraus macht, entscheidet man selber.

Ich kann euch sagen, dass aussortieren und loslassen sehr befreiend ist. Wie ich zusammen mit einer Freundin festgestellt habe, fühlt man sich danach irgendwie unglaublich „leicht“.

Wie (und wo!) soll ich anfangen?

Aussortieren ist nicht immer einfach, aber man kann mit kleinen Schritten beginnen. Erst kommen die Dinge weg, die man wirklich nicht mehr benötigt und wo auch man nicht dran hängt. Dinge, bei denen man sich nicht sicher ist, ob man sie wirklich nicht mehr braucht, kommen erstmal in eine Kiste, die danach im Schrank verstaut wird. Vermisst man Gegenstände aus dieser Kiste auch noch nach mehr als einer Woche, dürfen sie wieder raus. Wenn nicht, super, das Zeug kann auch weg! Und so weiter und so fort.
Wo man anfängt, ist natürlich immer unterschiedlich. Manchen fällt es beim Papierkram am einfachsten, manche fangen lieber mit dem Kleiderschrank an. Hauptsache man fängt an! Dann wird es mit der Zeit leichter und kann sogar Spaß machen.

Und dann muss man natürlich nur aufpassen, dass man nicht sofort wieder neue Sachen anhäuft. Beim einkaufen gehen immer daran denken: Werde ich diese Sache benutzen? Wird sie mich glücklich machen?

Beim einkaufen gehen immer daran denken: Werde ich diese Sache benutzen? Wird sie mich glücklich machen?

Und wenn man sich dann immer noch nicht sicher ist, kann man auch am nächsten Tag nochmal wiederkommen und überlegen, ob diese Sache wirklich noch so wichtig für einen ist.

Und wohin dann mit dem ganzen Kram?

Ich habe viele Gegenstände aussortiert, die noch benutzbar waren. So etwas habe ich natürlich nicht weggeschmissen, sondern verschenkt, gespendet oder verkauft. Möglichkeiten sind hier der gute alte Flohmarkt, Freunde und Verwandte, Verschenk-Gruppen auf Facebook, ebay-Kleinanzeigen, etc. … Und wenn man etwas auf Teufel komm raus doch nicht loswird, kann es irgendwann natürlich auch in den Mülleimer wandern. Es geht ja auch darum, die Sachen nicht ewig bei sich rumstehen zu haben.

Ich hoffe ich konnte euch inspirieren, euch ein bisschen Gedanken zu dem Thema Minimalismus zu machen!

Dyveke

5 Antworten auf “Minimalismus: Gedanken und Tipps”

  1. Hey (:
    Einen sehr schönen Beitrag hast du hier verfasst. Er bring das Thema Minimalismus gut auf den Punkt und ich finde den Aspekt besonders wichtig, das Minimalismus so unterschiedlich und für jeden anders sein kann.
    Ich hänge an manchen Karten, Fotos, Souveniers sehr und werde sie daher behalten. Denn sobald ich eines dieser Teile sehe oder in die Hand nehme, erinnert es mich an etwas und macht mich damit auch glücklich. Für manch anderen oder andere Gegenstände mag das nicht der Fall sein. Da sieht das Aussortieren dann wieder anders aus.
    Liebe Grüße, Finnja

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    1. Hallo 🙂 Danke! Ja, wie ich auch schon im Artikel geschrieben habe, ist das ja für jeden Menschen anders. Das finde ich auch so toll daran. Das ist nicht wie beim Vegetarismus. Auch wenn jemand nur 1 Mal im Monat Fleisch ist, ist er dadurch kein Vegetarier. Aber wenn jemand sich mit Minimalismus auseinandersetzt und ganz gut aussortiert und nur das behält, dass er bewusst behalten möchte, darf er sich mMn trotzdem Minimalist nennen 😉
      Lg

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      1. Oh ja, das Essensthema. Isst man selten Fleisch, wird man von den ‚Allesessern‘ (zu denen man ja quasi auch gehört) schief angeschaut und von den Vegertariern oder Veganern immer noch verurteilt. Wenn man es mal plakatuiv darstellt, natürlich ist da auch jeder anders, aber gtu, das ist ein anderes Thema 😀

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  2. Sehr guter Artikel :).
    Im Grunde braucht man wirklich nicht viel und den Inhalt des Kellers, da kann man mindestens die Hälfte reduzieren.
    Inzwischen habe ich bei uns auch alles gut um die Hälfte reduziert. Und ich finde es sehr befreiend. Da wird einem erst einmal richtig bewusst was man überhaupt noch wirklich benötigt. Überhaupt ist das eine ganz individuelle Sache welche Anzahl an Dingen man für notwendig hält. Und gerade das finde ich gut an der Sache. Wobei ich mich nicht als Minimalist bezeichnen möchte. Vielmehr lebe ich minimalistisch und achte halt etwas auf mein Konsumverhalten, denke über Kaufentscheidungen mehr nach, prüfe diese auf Sinnhaftigkeit und Glücksgefühl.
    Man muss sich ja nicht immer gleich labeln.
    Um auf das angesprochene Essensthema was zu sagen: Da gibt es schon striktere Definitionen was ein Veganer und was ein Vegetarier ist. Das muss aber jeder für sich selbst entscheiden als was er sich sieht. Beim Minimalismus ist das dann schon nicht ganz so streng.

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